Hinsichtlich des Sachverhaltes wird auf die allgemein bekannte Corona-Situation und deren Auswirkung -insbesondere mit der verordnungsbedingten Schließung- auf die Gesundheitstherme carpesol verwiesen. Dies bedingt keine Besuchereinnahmen, keine Umsätze, Kurzarbeit, weiterlaufende Fixkosten etc.

Des Weiteren wird inhaltlich auf die Beschlussvorlage X/2020/485 und das Ratsprotokoll vom 28. April 2020 (nicht öffentlicher Teil) verweisen.

 

Die Höhe der zu erlassenden Pachtzahlungen entspricht in etwa der zu erwartenden Gewerbesteuerzahlung für das Jahr 2019 der carpesol GmbH & Co. KG. In 2019 wurde von der Pächterin ein deutlicher Jahresgewinn erzielt und sie konnte sich damit bilanziell wesentlich verbessern. Das Attribut eines ‚Unternehmens in Schwierigkeiten‘ konnte ad acta gelegt und der Zugang zu corona-Fördermittel erreicht werden.

 

 


Beschlussvorschlag:

 

Die Gemeinde Bad Rothenfelde bzw. der Eigenbetrieb Bäderbetriebe beschließt als Eigentümer bzw. Verpächter der Therme carpesol im Rahmen des Pachtverhältnisses mit der Fa. carpesol GmbH & Co. KG folgendes:

 

  1. Die Pachtzahlungen bzw. Nutzungsentschädigungen für die Monate Juli und August 2020 in der Höhe von insgesamt 75.000 EUR werden erlassen.

 

  1. Die Pachtzahlungen März, April, Mai, Juni, September, Oktober, November und Dezember 2020 werden weiterhin bis zum 30. September 2021 gestundet. Für die gestundeten Beträge sind keine Stundungszinsen zu leisten.

 

  1. Die monatlichen Pachtzahlungen 2021 werden bis zum 30. September 2021 ebenfalls gestundet, sofern keine zwischenzeitliche Öffnung der Therme erfolgt. Für die gestundeten Beträge sind keine Stundungszinsen zu leisten.

 


Es ergeht folgender

 

Beschlussvorschlag (mehrheitlich):

 

Die Gemeinde Bad Rothenfelde bzw. der Eigenbetrieb Bäderbetriebe beschließt als Eigentümer bzw. Verpächter der Therme carpesol im Rahmen des Pachtverhältnisses mit der Fa. carpesol GmbH & Co. KG folgendes:

 

  1. Die Pachtzahlungen bzw. Nutzungsentschädigungen für die Monate Juli und August 2020 in der Höhe von insgesamt 75.000 EUR werden erlassen.

 

Abstimmungsergebnis:

Ja:

7

Nein:

0

Enthaltung:

0

 

 

  1. Die Pachtzahlungen März, April, Mai, Juni, September, Oktober, November und Dezember 2020 werden weiterhin bis zum 30. September 2021 gestundet. Für die gestundeten Beträge sind keine Stundungszinsen zu leisten.

 

Abstimmungsergebnis:

Ja:

6

Nein:

0

Enthaltung:

1

 

 

  1. Die monatlichen Pachtzahlungen 2021 werden bis zum 30. September 2021 ebenfalls gestundet, sofern keine zwischenzeitliche Öffnung der Therme erfolgt. Für die gestundeten Beträge sind keine Stundungszinsen zu leisten.

 

Abstimmungsergebnis:

Ja:

5

Nein:

1

Enthaltung:

1

 

 

 


Herr Prövestmann erläutert den aktuellen Sachstand insbesondere zu den vorgenommenen bilanziellen Veränderungen carpesols im Jahresabschluss 2019. Er erinnert an die Beratung und die Entscheidung in der Ratssitzung vom 28. April 2020 und berichtet von der erfolgten Beiratssitzung carpesols am 21. Januar 2021.

 

Herr Kuchenbecker erkundigt sich, warum die beiden Pachtzahlungen erlassen werden sollen und nicht die anfallende Gewerbesteuer für 2019. Herr Rehkämper erläutert, dass diese Fragestellung in der angesprochenen Beiratssitzung erörtert wurde. Der nun in 2019 erzielte Jahresgewinn carpesols in Höhe von 756 TEUR ist außerordentlich hoch (Vj: 123 TEUR; Prognose 2021: Fehlbetrag zwischen 50-100 TEUR; Anmerkung des Protokollanten) und konnte im Wesentlichen nur durch die Ausbuchung von Gutscheinverbindlichkeiten erzielt werden. Dieser Schritt wurde von carpesol und dessen steuerrechtlichen Beratern (steuer-)rechtlich geprüft und für zulässig befunden. Es war zwingend erforderlich, um überhaupt die Zulässigkeitsvoraussetzung für (Corona-)Fördermitteln zu erfüllen. Es ist fraglich, ob es ohne diesen zwingenden Grund zu einer Ausbuchung in dieser Höhe gekommen wäre. Generell hat carpesol bisher kulant die Gutscheinpraxis angewendet und will auch zukünftig nicht von dieser Praxis abweichen. Nach Auskunft der Geschäftsführung ist daher bis zum Sommer 2021 die Liquidität, u.a. in Form eines KfW-Darlehens, gesichert.

Um die Fachkräfte/Arbeitnehmer über die Corona-Zeit hinaus zu halten, hat carpesol in Vereinbarung mit dem Betriebsrat das Kurzarbeitergeld auf 95-100% (Unterscheidung in Arbeitnehmer ohne und mit Kinder) aufgestockt. Frau Klotzbach erläutert weitergehend, dass die Gesellschafter sich die gezahlte Gewerbesteuer bei der Einkommensteuererklärung anrechnen lassen können.

 

Frau Temme erkundigt sich, wie lange unterstützend geholfen werden kann, wie carpesol alles zurückbezahlen soll und ob kommunalaufsichtsrechtliche Bedenken hinsichtlich dieses Beschlusses bestehen? Herr Rehkämper weist auf laufende, ähnlich gelagerter Fälle von Unternehmern und Privatpersonen hin, bei denen die Gemeinde immer wieder über Stundungen und Erlasse entscheidet. Hinsichtlich der bisher ausgesprochenen Stundung hat sich der Gemeinderat im April deutlich ausgesprochen und ein starkes Signal nach außen bzw. ans carpesol und dessen Mitarbeiter gesendet. Aufgrund der guten Haushaltslage in den letzten Jahren ist eine ordentliche Ausgangsbasis vorhanden. Die Geschäftsführung carpesols hat schon Gespräche über eine mögliche Rückführung der ausstehenden Pachtzahlungen angeboten. Sicherlich ist eine automatisierte Nachzahlung unwahrscheinlich, sondern es muss über konstruktive Gespräche ein für beide Seiten zufriedenstellendes Ergebnis erzielt werden. Auch kann die bereits eingeworbene Billigkeitsleistung für öffentliche Akteure des Tourismus in Höhe von 525 TEUR anteilsmäßig eingesetzt werden. Weiterhin ist zu prüfen, ob weitere Fördermittel abrufbar sind. Es ist aber offensichtlich, dass eine geschlossene Therme ohne Einnahmen Hilfe benötigt.

 

Frau Temme erinnert an das Vorhandensein eines weiteren Gesellschafters bei carpesol. Als privater Pächter hat auch dieser ein privatwirtschaftliches Risiko zu tragen. Herr Rehkämper mahnt ein partnerschaftliches Verhältnis an. Sicherlich kann im Austausch mit der carpesol-Geschäftsführung auch über anteilsmäßige Pachtzahlungen gesprochen werden. Insbesondere die Aufstockung des Kurzarbeitergeldes ist für die Arbeitnehmer vorteilhaft, aber auch ein Verpächter hat natürlich finanzielle Interessen.

 

Herr Bunselmeyer spricht die Ausbuchung der Gutscheinverbindlichkeiten an. Herr Rehkämper bestätigt, dass die Geschäftsführung carpesols in der Fortführung ihrer bisherigen Geschäftspraxis weiter eine kulante Handhabung der Gutscheineinlösung zugesagt hat.

 

Herr Bunselmeyer weist trotz der Gutscheinausbuchung auf die weiterhin bestehenden, hohen Verbindlichkeiten carpesols hin. Die weitere Geschäftstätigkeit wird für carpesol anspruchsvoll. Zudem weist er daraufhin, dass die Gewerbesteuer nicht eins zu eins im Gemeindehaushalt verbleibt. Durch die Gewerbesteuerumlage und den weiteren Umlagen (anteilsmäßig) verringert sich der effektiv im Haushalt verbleibende Betrag. Sollte carpesol Fördermittel bekommen (haben), sind auch die Pachtforderungen des Verpächters in den weiteren Gesprächen zu berücksichtigen. Lt. Herrn Rehkämper ist die weitere Entwicklung der Situation zu beobachten. Die Vergangenheit hat bewiesen, dass das „Geschäftsmodell carpesol“ solide ist.

 

Her Vater-Lippold fragt, was carpesol als Gegenleistung für die Hilfestellung in die Waagschale werfen kann? Private Kreditnehmer werden bei einer Bank auch nach Sicherheiten gefragt. Frau Klotzbach mahnt an, dass in dieser schwierigen Situation carpesol Unterstützung erfahren müsse.

 

Herr Diekamp legt dar, dass es zur Hilfestellung keine Alternative gibt. Das Personal muss gehalten werden. Wenn es erst einmal weg ist, dann ist es auch erstmal weg und eine mögliche Wiedereröffnung gestaltet sich dann schwierig. Sicherheiten wird carpesol nicht stellen können. Herr Diekamp erkundigt sich, warum der Vertrag zwischen der Klinik im Kurpark und carpesol über die Nutzung der Therme durch die Klinikpatienten gekündigt worden ist. Herr Rehkämper weist auf die Kündigung durch die Klinik hin. Nach dem neuen Vertrag wird die Nutzung nicht mehr über eine Pauschale, sondern durch Spitzabrechnung abgerechnet. Dies ist eine operative Entscheidung zweier privater Geschäftspartner.

 

Herr Kuchenbecker gibt zu bedenken, dass die Alternative nur in einer Insolvenz bestehen könnte, was aber keine Option ist. Auch Sicherheiten wird die Gemeinde weder von der Gesellschaft noch privat von den Gesellschaftern bekommen. Strukturell war carpesol vor der Corona-Krise auf einem guten Weg. Um diesen Weg fortzusetzen, ist der Erlass bzw. dieser Beschluss notwendig, damit carpesol die Unterstützung bekommt. Ohne Corona und ohne den Brandschaden säßen wir heute nicht hier beisammen. Eine Rückführung kann erst später angegangen werden, schließlich werden auch die Corona-Hilfen übergeordneter bzw. anderer Stellen erst in der Zukunft zurückgeführt. Das Wohl der Gemeinde ist die Grundlage dieses Beschlusses. Alternativen sind nicht vorhanden.

 

Herr Schulte weist daraufhin, dass carpesol auch in diesen schlechten Zeiten Unterstützung braucht.

 

Für Herrn Diekamp ist eine Insolvenz gerade in Corona-Zeiten keine Alternative. Welches fatale Signal würde nach außen gesendet, wenn die Gemeinde carpesol pleitegehen ließe.

 

Frau Temme erinnert, dass carpesol Fördermittel für die laufenden Aufwendungen bekommen hat und sehr wahrscheinlich auch noch bekommen wird. Der Ausschuss verständigt sich daraufhin, die Verwaltung zu beauftragen, weiterhin mit carpesol sowohl hinsichtlich möglicher Vereinnahmung von Fördermitteln als auch bezüglich einer Rückzahlungsvariante der gestundeten Pachtzahlungen im Gespräch zu bleiben.

 

Frau Klotzbach läßt über die einzelnen Punkte des Beschlussvorschlages gesondert abstimmen.